DIE TAGE DES EUROPÄISCHEN KUNSTHANDWERKS IN BERLIN
Das erste Wochenende im April gehört in Europa dem Kunsthandwerk. Seit 2002 finden an diesen drei Tagen die Tage des Europäischen Kunsthandwerks statt. Bisher nahmen Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Lettland, Portugal, Irland und die Schweiz teil, seit diesem Jahr ist auch Deutschland dabei. Die Handwerkskammer Berlin richtete die Europäischen Kunsthandwerkstage unter dem Titel handwerk – design – berlin erstmals vom 4. bis 6. April 2014 in der deutschen Hauptstadt aus.
Den Auftakt bildete eine Ausstellung im Kunstforum der Berliner Volksbank. Noch bis zum 27. April werden dort Exponate gezeigt, die im Rahmen des Berliner Wettbewerbs Landespreis Gestaltendes Handwerk durch eine Expertenjury ausgewählt wurden. Zu sehen sind außerdem Werke von Pariser Künstlern und Designern. Die HWK Berlin pflegt eine Kooperation mit der Pariser Handwerkskammer und nutzte nun die Chance, auf eine Einladung nach Paris im vergangenen Jahr zu reagieren.
Die Initiative zu den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks (frz.: JEMA – Journées Européennes des Métiers d’Art) ging im Jahr 2002 vom Französischen Ministerium für Handwerk aus. Ziel der JEMA ist es, das Kunsthandwerk einem breiten Publikum vorzustellen und die Absatzchancen zu erhöhen. In Berlin öffneten am vergangenen Wochenende rund 90 Werkstätten, Galerien, Hochschulen und Museen ihre Türen und gewährten Besuchern einen Blick hinter die Kulissen ihres kreativen Schaffens. Auf dem Programm standen unter anderem Vorträge und Workshops zum Thema Goldschmiedetechniken, Glasperlendesign und Mode-Illustration.
In der Ausstellung in Charlottenburg sind auch zwei Kreationen der Modedesignerin Isabel Vollrath zu sehen. Seit vier Jahren arbeitet sie in einem Atelier in Prenzlauer Berg, das sie sich mit neun anderen Kreativen teilt. Die Mischung aus Avantgarde und Barock beschreibe ihre Mode am besten, erklärt sie. Wobei das Wort Mode nicht ganz zutrifft – vielmehr sind die Kollektionen dreidimensionale Zeichnungen, die am Körper der Trägerin beinahe skulptural wirken. Ursprünglich hat Isabel Vollrath eine Ausbildung zur Herrenschneiderin absolviert. Ihre Arbeiten zeichnen sich aber vor allem durch feminine Formen wie die Wespentaille aus. Das Gefühl der Isolation, das sie zu Beginn eines zweimonatiges Arbeitsstipendiums in St. Petersburg befallen hat, bildete sie in ihrer Kollektion Lost and Found St. Petersburg ab. Vor allem das Hemd mit den unzähligen Ärmeln verbildlicht die Orientierungslosigkeit in der Stadt. Die aktuelle Kollektion der Modedesignerin, die 2009 ihren Abschluss an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee ablegte, thematisiert das Kaputte. Verletzte und ängstliche Tiere hatte Isabel Vollrath im Sinn, als sie Animal Requiem aus recycelten Materialien realisierte. Mit gehäkelten Fahrradschläuchen und einem Kleid aus Baumarktfolie haben die Stücke eine faszinierend düstere Wirkung.
Die Tage des Europäischen Kunsthandwerks kommen wieder, verspricht die Berliner Handwerkskammer. Nach Berlin sowieso, hoffentlich etabliert sich aber auch in weiteren deutschen Städten dieser Trend, der Sehenswertes aus dem Bereich der angewandten Kunst für ein breites Publikum sichtbar macht.
bis 27.04.2014:
Ausstellung im Kunstforum der Berliner Volksbank
Budapester Str. 35
10787 Berlin
www.3tage-handwerk-design-berlin.de